Name | Leuggern [1][2] | ||||||||||
Mundart | Lüggere [2] | ||||||||||
Phonetik |
lụ̈́ggərə [2]
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Sprachatlas der deutschen Schweiz
Fremdbezeichnung:
lụ̈́kkərə, lụ̈̂kərə
(Böttstein)
ɫụ̈́kkərə
(Döttingen)
[...] (alles anzeigen)
lụ̈́kkərə, lụ̈̂kərə
(Böttstein)
ɫụ̈́kkərə
(Döttingen)
lụ̈kərə
(Gansingen)
lụ̈kərə
(Wil (AG))
lụ̈̂kərə
(Wil (AG))
lụ̈kərə
(Leibstadt)
ɫụ̈́kərə
(Villigen)
lụ̈́kkərə
(Bad Zurzach)
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Fragebogenmaterial Georg Wenker (z) Lüggere ( Faksimile | Gewährsperson ) Schüler, 14 Jahre |
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Ortstypen | Siedlung [3] Ort [1] | ||||||||||
Gemeinde | Leuggern [3] | ||||||||||
Bezirk | Zurzach [3] | ||||||||||
Kanton | Aargau [3] | ||||||||||
Deutung | Alemannischer sekundärer Siedlungsname zum Appellativ ahd. rein, mhd. rein stm. 'begrenzende Bodenerhöhung, Grenzfurche; (nur im Obdt.:) Abhang', als FlN Rain m. (auch n.)1 'leichter Abhang', schwzdt. [...] (weiterlesen)Alemannischer sekundärer Siedlungsname zum Appellativ ahd. rein, mhd. rein stm. 'begrenzende Bodenerhöhung, Grenzfurche; (nur im Obdt.:) Abhang', als FlN Rain m. (auch n.)1 'leichter Abhang', schwzdt. Rein2 m. (in GR n.) 'ungepflügter Streifen zwischen Äckern; lang gestreckter Abhang («gew. steiler und weniger breit als die Halde, aber weniger steil und breiter als das Bort»).Das Appellativ Rain/Rein findet sich in zahllosen Flur- und Ortsnamen (man vgl. die Beispiele im Id.). Besonders häufig erscheint es als zweites Glied von Zusammensetzungen, deren erstes Kompositionsglied in der Regel ein Adj. oder ein Subst. ist. Zahlreich sind auch die Namenbeispiele, in denen das erste Glied von einem PN gebildet wird, der den Besitzer oder Anwohner nennt. Als Musterbeispiel darf in diesem Zusammenhang der FlN Fluntern3 (Gd. Zürich, Kreis 7; a. 946 Flobotisreine 'Rain des Fluobo[l]t', a. 1149 Floͧnteren4) angeführt werden. Man beachte dessen Ähnlichkeit in der modernen Schreib- und Mundartform sowie im urkundlichen Beleg aus dem 12. Jh. mit den entsprechenden Formen des Ortsnamens Leuggern! Das Id. gibt noch weitere Beispiele von ähnlich verkürzten -rein-Namen, z.B. Wilderen < Wilden-rein. Mit dem GW -rein lässt sich das auslautende -n (älter -in, mda. zu -ə- geschwächt, was auf ursprünglichen Vokal oder vor Nasal -n geschwächten Diphthong hinweist) in unserem ON erklären. GF ahd. *Liut-gēres-rein 'leichter Abhang des Liutger', mhd. *Liut-gērs-rein, bzw. (mit latinisiertem zweitem PN-Glied) *Liut-gāri-rein, bzw. (mit s-Schwund in genetivischer Zusammensetzung5) *Liut-gēr-rein, bzw. (mit Abschwächung des Diphthongs im GW) *Liut-gēr-ren, bzw. (mit synkopiertem -e- des GW und einfacher Schreibung von -rr-) Liut-gern, bzw. (mit variierender Schreibung von ahd. -iu-) Lut-gern, Lüt-gern u. ä., bzw. (mit Sprossvokal oder in Anlehnung an die PN-Form Leodegar) Lut-i-ga-r(i)n, Lüt-e-gern, bzw. (mit Assimilation von -tg- > -gg-) Lüg-gern. PN ahd. Liutger (ahd. liut 'Volk' - ahd. gēr 'Speer'; mit den Nebenformen Lutger, Luitger6), dessen zweites PN-Glied oft in der latinisierten Form -garius erschien7, oder PN ahd. Liutgar (Fm. I, 1040; zu Leudagar; ahd. garo 'bereit(stehend), fertig, gerüstet'), die in unserem Fall beide zurückgeführt werden könnten auf den PN des fränkischen Heiligen Leodegar, der 678 als Bischof von Autun den Märtyrertod erlitt8. Das Idiotikon belegt Ludigar(i)9 als Mundartform für Leodegar. (weniger anzeigen) [2] | ||||||||||
Quellen
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1231: super praediis ecclesiae Lutgern (Herrgott II Nr. 290 S. 238)
1236: super ecclesia Lutigarn (Herrgott II Nr. 305 S. 251 f.)
[...] (weiterlesen)
1231: super praediis ecclesiae Lutgern (Herrgott II Nr. 290 S. 238)
1236: super ecclesia Lutigarn (Herrgott II Nr. 305 S. 251 f.)
1236 Var: praesentibus ... Cunrado plebano in Lutigarin (Herrgott II Nr. 305 S. 251 f.)
1239 Var K 16. Jh: infra parrochiam Lüttgern (ZUB 2 Nr. 528)
1239 Var K 16. Jh: Chonradus plebanus de Lütegern (ZUB 2 Nr. 528)
1239: infra parrochiam Lûtegern (Or Schlossarchiv Böttstein)
1263: fratribus domus hospitalis S. Johannis Jerosolimitani apud Lutegern (Herrgott II Nr. 461 S. 380)
1270 Or K: fratribus in Luͥtgern (ZUB 4 Nr. 1446)
1302/04: ecclesia Lutger (Pf Verz Bistum BS S. 158)
1441: Johannite in Lùtkern (lib marc Bistum BS S. 193)
1441 Var: item Lùgern (lib marc Bistum BS S. 193)
1441 Var: item Lùggern (lib marc Bistum BS S. 213)
um 1488: das kilspel zuo Lütgeren, das sant Johanser ist (Urb Grafsch Baden S. 193)
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Kommentar | Die Gemeinde Leuggern (von den Hg. des Habsburger Urbars noch mit Leuggeren notiert10) liegt auf der Westseite des unteren Aaretales. Auf ihrer Ostseite grenzt sie an den [...] (weiterlesen)Die Gemeinde Leuggern (von den Hg. des Habsburger Urbars noch mit Leuggeren notiert10) liegt auf der Westseite des unteren Aaretales. Auf ihrer Ostseite grenzt sie an den Klingnauer Stausee, im Norden an den Rhein. Im Westen und im Süden breitet sich ihr Gebiet auf Anhöhen und Ausläufern des Tafeljuras aus. F. X. Bronner wusste: «Die etwas erhöhte Ebene, worauf Leuggern und seine Nebenörtchen sich ausbreiten, gewährt dem Landbau viele Vortheile.»11 Auch einige FlN helfen die Landschaft skizzieren: Haldenächer, Giselirain, Regenhalden, Mooshalden, Tierhalden. Die Topographie ist also dazu angetan, in unserem ON das GW -rain/-rein zu vermuten. Zudem haben wir nur knapp acht Kilometer südlich, ebenfalls in der Nähe des linken Aareufers und auch sonst an durchaus vergleichbarer Siedlungslage («am Zusammenfluss von drei Strömen, auf höherer sonniger Erdstufe»12), die Ortschaft Rein (de Reinun, in Rein, Reine). Da im letzten Fall das Appellativ Rain/Rein nie eine Verbindung mit einem den Hauptton raubenden BW eingegangen ist, konnte es seine volle Lautgestalt beibehalten. Die einstige Grosspfarrei (Kirchspiel; vgl. Beleg a. um 1488), deren Mittelpunkt die St. Peterskirche in Leuggern bildete, reicht weit ins Hochmittelalter zurück. Bei F. X. Bronner erfahren wir weiter: «Der Ritterorden Sanct Johannis von Jerusalem hatte sich zuerst in Klingnau angesiedelt, kaufte aber im 13. Jahrhundert Leuggern mit allen Rechten und Gefällen an sich und errichtete hier seine vorzügliche Niederlassung .. ..»13 Vom Kreis Leuggern schreibt er: «Er enthält die einzige grosse Pfarre Leuggern oder Leutgern (parochia Sancti Leodegarii).»14Die Brüder dieses Ritterordens sind in der Urkunde a. 1263 erwähnt. Aus dem Gebäudekomplex der einstigen Johanniterkommende (ca. 1250-1806) entwickelte sich das heutige Regionalspital.15 P. Oettli hielt in seinem Kapitel «Kirchliche Ortsnamen» fest: «Leuggern, 1231 Liutgern, war eine dem heiligen Leodegar, althochdeutsch Liutger, geweihte Ordenskommende.»16. Da ältere Belege aus der Zeit vor 1200 fehlen, könnte man lediglich vermuten, dass unserem ON der Heiligenname Leodegar in einer ahd. Form zugrunde liegt. Wir hätten in dem Fall die GF ahd. *(ze sancte) Liutgarin 'beim (heiligen) Liutgar' anzusetzen, die den alten Namenformen des ON St. Gallen verglichen werden kann17 und die sich über mhd. Liut-gar(e)n zu Lüg-gern etc. entwickelt hat. Leider weist auch das Patrozinium der Pfarrkirche (St. Peter und Paul) nicht auf die supponierte Ortsnamenbildung hin. Was bewegte wohl F. X. Bronner zur Annahme einer parochia Sancti Leodegarii? Auch A. Nüscheler gibt keinen Hinweis auf ein St. Leodegar-Patrozinium.18 Immerhin sind in der Schweiz Leodegar-Kirchen seit dem achten Jahrhundert bezeugt19, und es ist demzufolge auch denkbar, dass unser ON (sofern dieser eben nicht den Heiligennamen selber birgt) ursprünglich Siedler bezeichnete, die zum heiligen Leodegar ein besonderes Verhältnis hatten. Dann wäre folgender Ansatz nötig: GF (im Dat. PI. Loc.) ahd. *(ze deno) Liut-garun/Liut-gerun 'bei den Liutgaren/Liut-geren (i. e. Anhänger des Heiligen Liutgar/Liutger)' mhd. (mit Synkope des Vokals der Flexionsendung) *Liut-gern, bzw. (mit variierender Bezeichnung von ahd. -iu-) Lut-gern, Lπt-gern, Lüt-gern, bzw. (mit Assimilation von -tg- > -gg-) Lùg-gern. Die Leodegar-Kirche von Schupfart soll bereits im 10. Jh. geweiht worden sein20, auch die Kirchen von Möhlin, Wohlenschwil und Schafisheim verehrten diesen Kirchenpatron schon in älterer Zeit.21 A. Bach gibt Beispiele für ON, die sich aus Spitznamen von Ortsinsassen entwickelt haben: «ON Mittlern < a. 1267 Mutlaren zu mhd. müteln 'mucken, murmeln, brummen'; ze Mütlæren bedeutete 'bei den Mürrischen, Unzufriedenen'.»22 Bei der ersten dieser beiden im Kommentarteil angeführten Deutungsmöglichkeiten hätten wir eine schwach deklinierte Form des PN bzw. Heiligennamens (als Nbf.?) anzunehmen, für den zweiten Ansatz wäre eine pluralische Ableitung zum entsprechenden PN bzw. Heiligennamen vonnöten, für die es meines Wissens keine direkten Parallelfälle gibt. Am wahrscheinlichsten bleibt für die Erklärung des Ortsnamens Leuggern die Annahme einer zweigliedrigen Komposition, deren erstes Glied vor dem GW -rain/-rein einen PN enthält. Zur Gemeinde Leuggern gehört noch eine ganze Reihe von Weilern und Dörfern, die mehrheitlich ebenfalls in älteren Urkunden erwähnt sind: Eidgenossenhüser, Etzwil (ze Etzwille, in Etzenwille, ze Ezwiler, ze Eswile, ze Esswille, ze Etzwil), Fehrental (ze Verrental), Felsenau, Gippingen (de Gippingen), Hagenfirst, Hettenschwil (ze Hettiswille) und Schlatt. (weniger anzeigen) [2] | ||||||||||
Höchster Punkt | 355 m. ü. M. [1] | ||||||||||
Tiefster Punkt | 318 m. ü. M. [1] | ||||||||||
Fläche | 0.425 km² [1] | ||||||||||
Datensatz | 13000111 | ||||||||||
Datenherkunft | ortsnamen.ch vereint Ortsnamen, Siedlungsnamen und Flurnamen von verschiedenen Schweizer Ortsnamenprojekten und weiteren relevanten Quellen in einer zentralen Datenbank, verknüpft diese Daten und bereitet sie für die Online-Publikation auf (Details).
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