Name | Herznach [1][2][3] | ||||||||||||
Mundart | Härznach [2] | ||||||||||||
Phonetik |
hé᪸rtsnaχ [2]
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Sprachatlas der deutschen Schweiz
Eigenbezeichnung:
hẹ̄rdſsnəχd
Fremdbezeichnung:
hẹ̄́rdſsna᪷χd
(Wittnau)
hḗrtſsna᪷χd
(Frick)
[...] (alles anzeigen)
hẹ̄́rdſsna᪷χd
(Wittnau)
hḗrtſsna᪷χd
(Frick)
hẹ̄́rdsna᪷χ
(Oberhof)
hertsna᪷χ
(Küttigen)
hêrdſsna᪷χd
(Densbüren)
hértsnəχd
(Thalheim (AG))
hértſsna᪷χ
(Elfingen)
(weniger anzeigen)
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Fragebogenmaterial Georg Wenker Herznach ( Faksimile | Gewährsperson ) Lehrer Ernst Frey, 48 Jahre alt, Geburtsort Wölflinswil AG |
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Ortstyp | Gemeinde [4] | ||||||||||||
Bezirk | Laufenburg [4] | ||||||||||||
Kanton | Aargau [4] | ||||||||||||
Deutung | Die Gemeindenamen des Kantons Aargau Gallo-romanischer -ācum-Name. GF spätlat. *(praedium) Artini-ācum oder *(fundus) Artini-ācus, bzw. elliptisch und mit neutralem Genus1 *Artini-ācum2 'dem Artinius gehörendes Landgut', ahd. (mit unorganischer h-Prothese3, [...] (weiterlesen)Gallo-romanischer -ācum-Name. GF spätlat. *(praedium) Artini-ācum oder *(fundus) Artini-ācus, bzw. elliptisch und mit neutralem Genus1 *Artini-ācum2 'dem Artinius gehörendes Landgut', ahd. (mit unorganischer h-Prothese3, mit primärem Umlaut von -a- > -e- vor dem -i- der Folgesilbe, mit Affrikatenverschiebung von -t- > -z- nach Konsonant -r- und mit Lautverschiebung von -k- > -ch- zwischen den Vokalen des Suffixes) *Herzin-acha, mhd. (mit Apokope des Endungs-a) Herzin-ach, bzw. (mit Schwund des Reibelautes im absoluten Auslaut) Herzin-a, bzw. (mit Graphem -ei- zur Bezeichnung des Primärumlautes vor Konsonant -r-4) Heirzin-a, bzw. (mit zu -e- abgeschwächtem mittelsilbigem -i-) Herzen-ach, bzw. (mit Synkope des Vokals in der Mittelsilbe) Herzn-ach. PN ist der gallo-romanische Gentilname Artinius5, der auch im CIL VI 3186 erscheint.6 Das gall. -āko-Adjektivsuffix, das latinisiert als -ācus auftritt, diente dazu, gallo-roman. Gentilnamen zu adjektivieren und so die personelle Abhängigkeit oder die Besitzzugehörigkeit eines Landgutes auszudrücken.7 Die so entstandenen Siedlungsnamen benannten also ursprünglich Latifundien, die den Namen ihrer Besitzer in adjektivischer Formulierung bekamen, und zeigen heute im deutschen Sprachgebiet in der Regel ein zu -ach entwickeltes Suffix.(weniger anzeigen) [2] | ||||||||||||
Lexikon der schweizerischen Gemeindenamen Bisherige Deutungen: Förstemann II/1, 1370 vermutet im Namen Herznach eine Bildung mit dem althochdeutschen Gattungswort hiruz, hirz «Hirsch», was aus sprachlichen Gründen unwahrscheinlich ist (Zehnder 1991: 196);Bisherige Deutungen: Förstemann II/1, 1370 vermutet im Namen Herznach eine Bildung mit dem althochdeutschen Gattungswort hiruz, hirz «Hirsch», was aus sprachlichen Gründen unwahrscheinlich ist (Zehnder 1991: 196); die historischen Formen auf Herzin-, Herzen- können auf dieser Grundlage nicht erklärt werden. Oettli (1945: 22) bezeichnet Herznach als Bildung aus einem althochdeutschen Personennamen, der nicht näher identifiziert wird, und dem keltischen Ortsnamensuffix -akos/-acum. Eine solche Konstruktion ist unmöglich; -akos/-acum ist in alemannischer Zeit in Ortsnamenbildungen nicht mehr produktiv. Tschopp (1961: 427, 430) schlägt eine Bildung mit einem sonst unbekannten althochdeutschen Personennamen Heirzo vor. Kaufmann (1977: 40s) geht von einem in alemannischer Zeit gebildeten Gewässernamen «aha-Siedlung des *Herzo» aus. Auch Zehnder (1991: 196) erwägt eine Bildung mit dem Namen Herzo (Förstemann I, 845) und dem althochdeutschen Gattungswort aha «Bach, Wasser, Fluss». Dieser Ansatz wird jedoch durch die historischen Belege nicht gestützt, weshalb der Vorschlag von Zehnder zu Recht abgelehnt wird. Zehnder (1991: 195) deutet Herznach als eine spätlateinische Bildung aus dem lateinischen Personennamen Artinius und dem keltischen Ortsnamensuffix -akos/-acum; als Grundform wird *(praedium) Artini-ācum «dem Artinius gehörendes Landgut» angesetzt. Die historischen Belege erklären sich gemäss Zehnder durch eine nicht ungewöhnliche h-Prothese im Anlaut, den Primärumlaut des anlautenden -a- zu -e- vor dem -i- der Folgesilbe, einer Affrikatenverschiebung von -t- zu -z- nach -r- und der Lautverschiebung von -k- zu -ch- (> *Herzinacha); anschliessend wäre das Endungs-a und alsdann das in den absoluten Auslaut gelangte -ch- geschwunden (> Herzina). Besprechung: Mit Zehnder (1991: 196) sind alle älteren Deutungsvorschläge klar abzulehnen. Sie beruhen auf falschen Voraussetzungen und können die historischen Belege nicht korrekt erklären. Auch Zehnders Erklärung ist indessen nicht völlig überzeugend. Herznach liegt wie → Bözen AG im Hinterland von Frick AG in einer Region, die frühestens im 7. Jahrhundert germanisiert wurde. Der Name kann deshalb nicht an der althochdeutschen Verschiebung von -t- zu -z- teilgenommen haben, und eine romanische Entwicklung des -t- in *Artinius zu -z- ist unbekannt. Es wäre somit vielmehr an eine Bildung mit dem gut belegten lateinischen Personennamen Aricinus, Aricinius (Schulze, 527; Kajanto, 181, mit Synkope zu *Arcinus, *Arcinius) zu denken. Auch die Deutung des Namens als lateinische -acum-Bildung ist jedoch nicht unbedenklich. Abgesehen von den ersten zwei Belegen, die auf späten Fälschungen oder Kopien beruhen, weisen die meisten historischen Formen (1143 Hércina, 1173-80 Hercena, 1286 Herzen etc.) in eine andere Richtung. Aufgrund der analogen Belegformen für → Bünzen AG (Bunzina, Bunzena, Búnzen) und → Bözen AG (Boͤtzen, Boͤtzin) könnte Herznach deshalb als Bildung mit dem gut belegten lateinischen Gentilnamen Arcius (cf. Schulze, 126s; Morlet III, 25) in einer elliptischen Wendung *(villa) Arciana «Hofgut des Arcius» erklärt werden. Durch die Entwicklung von -ianum > [in], welche für das altfrankoprovenzalische Sprachgebiet seit dem 6. Jahrhundert nachgewiesen ist (Chambon/Greub 2000: 170), wird *Arciana zu *[artsina]. Auch auf dieser Grundlage würden die Belegformen Hércina, Hercena auf eine h-Prothese und den Primärumlaut des anlautenden -a- zu -e- vor dem -i- zurückgehen. Die heutige Form Herznach müsste hingegen – in Umkehrung von Zehnders Argumentation – als sekundäre Analogiebildung in Anlehnung an die zahlreichen -ach-Namen in der Region (Mandach, Reinach, Zurzach, Sissach etc.) gedeutet werden. Deutungsvorschlag: Mit → Bünzen AG und → Bözen AG gehört Herznach AG – cf. die Form Herzen von 1286 – vermutlich zur Gruppe der Aargauer Ortsnamen, welche auf einen lateinischen Besitzernamen auf -ianum/ -ianam zurückzuführen sind. Mit dem Suffix -ānum, -āna gebildete Namen bezeichnen ursprünglich das Gut (lateinisch fundus, praedium, villa) mit dem Namen des römischen Besitzers. Für Herznach wäre von einer lateinischen Grundform *(villa) Arciana «Hofgut des Arcius» auszugehen. Im Unterschied zu Bünzen, wo vereinzelte -ach-Formen (Bunzenach) ebenfalls belegt sind, hätte sich in Herznach relativ spät eine analogische Bildung auf -ach durchgesetzt. Eine Herleitung von einem lateinischen *Ar(i)ciniācum > *Arzinach > Herznach kann jedoch nicht völlig ausgeschlossen werden. ks (weniger anzeigen) [3] | |||||||||||||
Quellen
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Die Gemeindenamen des Kantons Aargau
1097 F 12. Jh: in pago Fricgoue siturn Hercenahc dictum (StrassbUB 1 Nr. 62)
12. Jh I K 14. Jh: quam dedit nobis Judenta de Herznach (AFMuri QSG 3 3 1 S. 49)
[...] (weiterlesen)
1097 F 12. Jh: in pago Fricgoue siturn Hercenahc dictum (StrassbUB 1 Nr. 62)
12. Jh I K 14. Jh: quam dedit nobis Judenta de Herznach (AFMuri QSG 3 3 1 S. 49)
1143: Heinricus de Rinuelde, Burchardus de Hércina (Eins Gfr 43 Nr. 7 S. 331)
1173-1180: milites Cono de Hercena et Hugo de Viviers (FRB 1 Nr. 57)
1234: Heinricus de Gurbelon, Wernherus de Herzinach (UBBL 1; II 1; II 2 Nr. 43)
1265: Wernherus de Herzenna meus famulus (UBBS 1 Nr. 453)
1269: Helenam de Hercina (QW I 1 Nr. 1034 S. 465)
1302/04: ecclesia Herzenach (Pf Verz Bistum BS S. 158)
1303-1308: duͥ herschaft hat ze Heirzena (Habsb Urb QSG 14 S. 59)
1303-1308 Var Ed: ze Herzena (Habsb Urb QSG 14 S. 59)
1441: item Hercznach (lib marc Bistum BS S. 194)
(weniger anzeigen) [2]
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Lexikon der schweizerischen Gemeindenamen
1303-08: ze Heirzena (QSG XIV, 59)
1295: des lupriesters von Herzna (QW I/2, 45)
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1303-08: ze Heirzena (QSG XIV, 59)
1295: des lupriesters von Herzna (QW I/2, 45)
1101-501: Judenta de Herznach (QSG III/3, 49)
1143: Burchardus de hércina (Gfr 43, 331)
1173-80: Cono de Hercena (FRB I, 453)
1234: Wernherus de Herzinach (BLUB, 24)
1265: Wernherus de Herzenna (BSUB I, 329)
1269: Helenam de Hercina (QW I/1, 465)
1286: Wernherus dictus de Herzen (BSUB II, 297)
1302-04: ecclesia Herzenach (Clouzot, 158)
1441: item Hercznach (Clouzot, 194)
10971: in pago Fricgoue situm Hercenahc dictum (StrasbourgUB I, n° 62)
(weniger anzeigen) [3]
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Kommentar | Die Gemeindenamen des Kantons Aargau Die Gemeinde Herznach liegt im Herznachertal, welches mit seinem alten Weg über die Staffelegg das Fricktal (Sisselntal) mit dem Aaretal verbindet. Auf dem Kirchhügel [...] (weiterlesen)Die Gemeinde Herznach liegt im Herznachertal, welches mit seinem alten Weg über die Staffelegg das Fricktal (Sisselntal) mit dem Aaretal verbindet. Auf dem Kirchhügel vermutet man die frühere Burg Herznach, die Sitz eines habsburgischen Ministerial- oder Rittergeschlechtes war, dessen Angehörige auch in oben angeführten urkundlichen Belegen des 12. und 13. Jahrhunderts vorkommen.Bis 1967 wurde im Erzbergwerk von Herznach Eisenerz gefördert. Dennoch lässt sich unser ON nicht auf Erz (in jener Mundartregion überoffen 'ærts', älter 'ærnts') zurückführen. E. Förstemann stellte den ON zum Appellativ ahd. hiruz, hirz stm. 'Hirsch'8, was aus sprachlichen Gründen ebenfalls unwahrscheinlich ist, da sich das Flexions-s der im BW erwarteten starken Genetivform in den urkundlichen Belegen nicht manifestiert. Ch. Tschopp vermutet im BW dieser Namenfügung den alemannischen PN Heirzo9, den ich jedoch nicht belegen kann. P. Oettli ordnet Herznach zwar richtig den -acum-Fügungen zu, sieht dann aber im BW einen alemannischen PN.10 Eine derartige Kombination ist jedoch unmöglich. Wollte man für das BW einen alemannischen PN finden, so böte sich der PN ahd. Herzo (Fm. I, 845) an. Man müsste sich dann aber auch für das GW ahd. aha stf. 'Wasser, Bach, Fluss' entscheiden, was angesichts der Siedlungslage an einem Bach nicht schwerfällt. Der FlN Herzenstall (eine Kehle in der gegen Süden geneigten Halde des Hofackers, etwa 700 Meter westlich der Kirche11) verlangt vielleicht eine alemannische PN-Deutung. Die Mundartlautung und die urkundlichen Belegformen auf -ei- weisen jedoch eindeutig auf eingetretenen Primärumlaut hin. Bodenfunde zeigen, dass das Dorf schon in der jüngeren Steinzeit besiedelt war. Die FlN Windischmatt und Walchmatten bei Densbüren und Herznach lassen ebenfalls eine ursprünglich fremdsprachliche Bevölkerung vermuten.12 Vieles spricht also dafür, unseren ON in die Reihe der gallo-romanischen -a̅cum- Namen des nordwestschweizerischen Bereiches einzubetten. Solche Fügungen sind besonders im Vorfeld von Basel und Augusta Raurica sowie in der näheren und weiteren Umgebung des keltisch benannten Bözberges relativ häufig. A. Holder setzt für den ON Herzenich (Kreis Düren BRD) ebenfalls die GF *Artini-a̅cu-s an.13 (weniger anzeigen) [2] | ||||||||||||
Lexikon der schweizerischen Gemeindenamen 1 Fälschung des 12. Jahrhunderts. – 2 Kopie des 14. Jahrhunderts. [3] | |||||||||||||
Höchster Punkt | 601 m. ü. M. [1] | ||||||||||||
Tiefster Punkt | 400 m. ü. M. [1] | ||||||||||||
Fläche | 6.265 km² [1] | ||||||||||||
Datensatz | 802004166 | ||||||||||||
Datenherkunft | ortsnamen.ch vereint Ortsnamen, Siedlungsnamen und Flurnamen von verschiedenen Schweizer Ortsnamenprojekten und weiteren relevanten Quellen in einer zentralen Datenbank, verknüpft diese Daten und bereitet sie für die Online-Publikation auf (Details).
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