Name | Bünzen [1][2][3] | ||||||||||||
Mundart | Bönze [2] | ||||||||||||
Phonetik |
bǘ᪸ntsə [2]
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Sprachatlas der deutschen Schweiz
Fremdbezeichnung:
bǘ᪷n̄tsə
(Boswil)
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Fragebogenmaterial Georg Wenker (z) Bǜnze ( Faksimile | Gewährsperson ) Lehrer Josef Fischer, Geburtsort Jonen AG |
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Ortstyp | Gemeinde [4] | ||||||||||||
Bezirk | Muri [4] | ||||||||||||
Kanton | Aargau [4] | ||||||||||||
Deutung | Die Gemeindenamen des Kantons Aargau Vordeutscher Siedlungsname. GF lat.-roman. * (villa) pont-īna 'zur Brücke gehörendes Hofgut/Brückenort', spätroman. (mit Affrizierung) *Ponts-īna, ahd. (ohne durchgeführte Lautverschiebung von p- > pf- im Anlaut, [...] (weiterlesen)Vordeutscher Siedlungsname. GF lat.-roman. * (villa) pont-īna 'zur Brücke gehörendes Hofgut/Brückenort', spätroman. (mit Affrizierung) *Ponts-īna, ahd. (ohne durchgeführte Lautverschiebung von p- > pf- im Anlaut, was auf eine Übernahme erst nach dem 6./7. Jh. schliessen lässt, mit Entwicklung von roman, -o- > alem. -u- vor folgendem -ī- bzw. vor Nasalverbindung und mit germanischer Erstsilbenbetonung) *Púnz-ina, bzw. (mit b- in Vertretung von lat. p-) Búnz-ina, mhd. (mit sekundärem Umlaut von -u- > -ü-, dessen graphematische Bezeichnung jedoch in der Regel unterbleibt, und mit abgeschwächtem mittelsilbigem -i-) Bünz-ena, bzw. (mit sekundärer Anlehnung an ON oder Flussnamen mit dem GW ahd. aha stf. 'Wasser, Fluss') Bünz-enach, bzw. (mit Schwund der Suffixendung) Bünz-en.Dem ON liegt ein lat. Adj. der Zugehörigkeit zugrunde, gebildet aus dem lat. Appellativ pons, pontis m. 'Brücke, Steg' und dem derivierenden Suffix -īnus, -a, -um. Man vgl. etwa lat. gall-īna 'die zum Hahn gehörende' oder (bei Plautus) medic-īna 'das zum Arzt gehörende (Haus), Haus des Arztes'. (weniger anzeigen) [2] | ||||||||||||
Lexikon der schweizerischen Gemeindenamen Bisherige Deutungen: Der Ortsname Bünzen (und der mit ihm verknüpfte Gewässername Bünz) ist noch nicht befriedigend erklärt. Wie Greule (1973: 109s) festhält, ist eine germanische Etymologie nicht inBisherige Deutungen: Der Ortsname Bünzen (und der mit ihm verknüpfte Gewässername Bünz) ist noch nicht befriedigend erklärt. Wie Greule (1973: 109s) festhält, ist eine germanische Etymologie nicht in Sicht; alle Deutungsversuche gehen von einem vordeutschen Etymon aus. Aebischer (1927b: 31) führt Bünzen auf eine Grundform *(fundum/praedium) Pontiniacum «Besitz, Landgut des Pontinius» zurück, ohne die lautliche Entwicklung von *Pontiniacum zu Bünzen(ach) zu klären. Da der althochdeutsche Wandel von -t- zu -z- älter ist als derjenige von -p- zu -pf-, hätte *Pontiniacum (mit -t- > -z-) auch am Wandel von -p- teilnehmen und sich zu *Pfünzen(ach) entwickeln müssen. Um diese Unstimmigkeit zu umgehen, postuliert Greule einen Flussnamen *Pontina, der auf die Ortschaft übertragen worden wäre. Die Alemannen hätten den Namen der *Pontina (> Bünz) schon vor der zweiten Lautverschiebung kennengelernt und ihn zu *Pfunzina umgestaltet. Hingegen sei eine intensive Besiedlung des Bünztales durch Alemannen vorerst ausgeblieben, und der Name der gleichlautenden romanischen Siedlung *Pontina im hinteren Talabschnitt sei erst nach dem Abschluss der Lautverschiebung, d.h. nach dem 8. Jahrhundert, als *Buntina in die Sprache der germanischen Siedler übernommen worden. Bei der historischen Form Bunzina (> Bünzen) handle es sich um eine Kompromissform, die auf die Wechselwirkung zwischen dem Fluss- und dem Ortsnamen zurückgehe. Ohne auf die lautlichen Probleme einzugehen, postuliert Zehnder (1991: 117) einen lateinisch-romanischen Ortsnamen *(villa) pont-īna «zur Brücke gehörendes Hofgut; Brückenort». Besprechung: Wie Greule zu Recht feststellt, kann Bünzen lautgeschichtlich nicht auf *Pontiniacum zurückgeführt werden. Aus demselben Grund ist auch Zehnders Vorschlag hinfällig; *Pontina müsste ebenfalls *Pfünzen ergeben. Greules Vorschlag trägt den lautlichen Problemen Rechnung, ist jedoch sehr spekulativ und auch historisch kaum vertretbar. Die althochdeutsche Lautverschiebung von -t- zu -z- findet spätestens im 6. Jahrhundert statt. Da die alemannische Besiedlung der heutigen Deutschschweiz kaum vor Ende des 6. Jahrhunderts einsetzt, hat sie in der Deutschschweizer Ortsnamen kaum Spuren hinterlassen (Ausnahmen sind als Exonyme entwickelte Namen wie → Zürich und der Flussname → Thielle/Zihl). Im offenen Gelände des Freiamtes ist Greules Erklärung auch siedlungsgeschichtlich nicht überzeugend. Deutungsvorschlag: Wie Chambon/Greub (2000: 170) nachweisen, ist die für den frankoprovenzalischen Raum charakteristische Reduktion der lateinischen Lautgruppe -tian- zu [-tsin-/-dzin-] seit dem 6. Jahrhundert belegt. Sie findet sich in zahlreichen Ortsnamen der Westschweiz (→ Vesin FR, Leysin VD, etc) und ist auch in spät germanisierten Ortsnamen der Deutschschweiz erkennbar (→ Merzligen BE). Bünzen gehörte in frühromanischer Zeit, d.h. vor der Germanisierung, zweifellos zum galloromanischen (protofrankoprovenzlischen) Sprachgebiet. Der Name könnte somit auf lateinisch *(villa) Pontiana «Hofgut des Pontius» zurückgeführt werden (cf. Kristol 2002: 229s). Da in Bünzen römische Münzfunde gemacht wurden, scheint das Alter der Siedlung gesichert. Mit dem Suffix -ānum, -āna gebildete Namen bezeichnen ursprünglich das Gut (lateinisch fundus, praedium, villa) mit dem Namen des römischen Besitzers. Bei einer Germanisierung nach dem 7. Jahrhundert entwickelt sich *Pontiana lautlich regelmässig zu *[ponˈtsiːna] > Bunzina; der Ortsname ist spätestens in dieser Phase auf den Bach übertragen worden. Eine doppelte Entwicklung wie in Bunzina > Bünzen/Bünz ist laut Greule (1973: 109) im deutschen Sprachraum nicht selten. ks (weniger anzeigen) [3] | |||||||||||||
Quellen
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Die Gemeindenamen des Kantons Aargau
1259: Hemma relicta Burchardi quondam de Bunzina (ZUB 3 NR. 1082)
1273 Or K: bona ... in Bunzena et in Bozwile (ZUB 4 Nr. 1511)
[...] (weiterlesen)
1259: Hemma relicta Burchardi quondam de Bunzina (ZUB 3 NR. 1082)
1273 Or K: bona ... in Bunzena et in Bozwile (ZUB 4 Nr. 1511)
1288: iudicio ... interfuerunt: ..., H. de Bunzenach (ZUB 6 Nr. 2027)
1303-1308: ze Buͥntznach hat du herschaft (Habsb Urb QSG 14 S. 141)
nach 1312: der aker, der ze Bu̍ntzen gelegen ist (Urb I Hermetschwil S. 339)
1320: der luͥpriester von Buͥnzenach (QW I 2 Nr. 1030 S. 259)
(weniger anzeigen) [2]
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Lexikon der schweizerischen Gemeindenamen
1303-08: ze Buͥntznach (QSG XIV, 141)
1259: de Bunzina (ZHUB III, 175)
[...] (weiterlesen)
1303-08: ze Buͥntznach (QSG XIV, 141)
1259: de Bunzina (ZHUB III, 175)
1273: in Bunzena (ZHUB IV, 224)
1288: H. de Bunzenach (ZHUB VI, 17)
1312 [nach]: ze Búntzen gelegen (Dubler, 339)
1320: der luͥpriester von Buͥnzenach (QW I/2, 529)
1369: ze Buͥnzen ein Matten (AGUB XII, 28)
(weniger anzeigen) [3]
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Kommentar | Die Gemeinde Bünzen, am Fusse des Lindenbergs, liegt am oberen Lauf des Flüsschens Bünz, welches bei Muri entspringt und bei Wildegg in den Aabach [...] (weiterlesen)Die Gemeinde Bünzen, am Fusse des Lindenbergs, liegt am oberen Lauf des Flüsschens Bünz, welches bei Muri entspringt und bei Wildegg in den Aabach mündet, kurz vor dessen Einfluss in die Aare.Den ältesten Belegen für den Flussnamen begegnen wir erst anfangs des 15. Jh.: 14. Jh A 1 matblezlin, lit... und stosset uf die Bπntzna AGUrk 11 Hermetschw Nr. 15; 1426 an die Bπntzen AGUrk 11 Hermetschw Nr. 45; 1508 die Büntz (MB) AGUrk 11 Hermetschw Nr. 77 Die Vermutung, dass Flussname und Siedlungsname zusammenhängen, liegt auf der Hand. Nur gestaltet sich in unserem Fall die Entscheidung, ob die Siedlung ihren Namen vom Fluss bezog oder umgekehrt, besonders schwierig. Die von mir bevorzugte Deutung geht von der Annahme aus, dass eine alte Brückenstelle als Namenmotiv gewirkt hat. Der Siedlungsname ist somit primär entstanden und erst später auf den relativ unbedeutenden Flusslauf übergegangen. Für eine Herleitung des ON aus dem Lat.-Roman. sprechen auch römische Münzfunde1 und wohl auch die Nähe zur nur zwei Kilometer entfernten Siedlung Kallern, in deren ON ich das lat. Appellativ calcatura ('das Traubentreten'), bzw. ein frühes alemannisches Lehnwort dazu, vermute. Noch näher liegt die Gemeinde Boswil, in deren ON sich ahd. wīlla, wīla f. 'Weiler, Siedlung, Hof' (< lat. vīlla 'Gutshof')2 als alemannisches Namen-Lehnwort erhalten hat. Vieles deutet also daraufhin, dass die Präsenz der Römer in dieser Gegend auch im hiesigen Namenbild ihre Spuren hinterlassen hat. Welche anderen Namendeutungen wurden bisher vorgeschlagen? A. Greule gibt bei seiner Besprechung des Flussnamens Bünz einen guten Überblick:3 1. Verschiedentlich wollte man im ON Bünzen einen gallo-romanischen -a̅cum-Namen sehen, indem man ihn von galloröm. (fundus) Pontiniacus (zum röm. Gentilnamen Pontinius) herleitete.4 Die Endung -ach, die in einigen späteren Namenbelegen zu Tage tritt, ist jedoch kaum Reflex des gall. Adjektivsuffixes -a̅ko-, sondern eher als das germ. Flussnamen-Grundwort ahd. aha, mhd. ahe stf. 'Wasser, Flut, Fluss' zu interpretieren, das Ende 13./anfangs 14. Jh. bisweilen an den Siedlungs- und Flussnamen angefügt wurde. 2. Seinem eigenen Deutungsversuch legt A. Greule den vorgerm. Flussnamen *Pontina zugrunde, der nach alemannischer Umgestaltung (Lautverschiebung) *Pfunzina gelautet haben muss, sofern er nicht bereits als *Puntina übernommen wurde. Die Form Bunzina interpretiert er als Kompromissform, die sich mit der Zeit aus der Wechselwirkung zwischen Flussname und Siedlungsname ergeben hat. Mit Blick auf das österreichische Pfunzen am Inn (Pontena) erwägt er *Pontina als Ableitung von lat. pons zur Bezeichnung einer römischen Brückenstation.5 Er sieht in der Folge auch noch die Möglichkeit, dass der Name Bünz keine ON-Übertragung darstelle, sondern primär einen Flussnamen *Bontina fortführe, «eine höchst seltene, hybride Bildung aus lat. pons und dem (kelt.) FIN.-Suffix -ina»6. 3. Th. Geiger bringt unseren Orts- und Flussnamen mit Pont, einem häufigen Flussnamen der Britischen Inseln, in Verbindung, der seinerseits an kymr. pant 'Tal' (vgl. die urkelt. Wurzel *kwont-) angeschlossen wird. Es gibt allerdings keine Hinweise für die Existenz entsprechender gallo-britannischer Dialekte in unserer Gegend.7 Mit dieser Deutung liebäugelte wohl auch P. Oettli bei der Behauptung: «Bünzen, 1321 Buntznach, ist ein gallisch benannter Talbach.»8 4. Schliesslich bleiben noch die Möglichkeiten, *Pontina an den fernen, thrakischen Flussnamen Póntos anzuschliessen sowie an griechische Namen, die ein idg. ablautendes Nomen *pont(h) u. ä. in der Bedeutung 'Pfad, Weg, Furt' aufnehmen.9 A. Greule schliesst seinen Überblick mit der Feststellung: «Soweit die Deutungsmöglichkeiten. Keine von ihnen ist einstweilen mit Sicherheit zu beweisen.»10 Gelänge es, eine alte Brückenstelle nachzuweisen, so kämen wir einer endgültigen Deutung einen entscheidenden Schritt näher. Im Jahre 1940 wurde der Weiler Waldhäusern (ze Walthusen, ze Walthusern, ze Walthúsern, ze Walthüsirn) eingemeindet. Die Bünz erscheint als gewellter Bach im Gemeindewappen. (weniger anzeigen) [2] | ||||||||||||
Höchster Punkt | 482 m. ü. M. [1] | ||||||||||||
Tiefster Punkt | 425 m. ü. M. [1] | ||||||||||||
Fläche | 5.775 km² [1] | ||||||||||||
Datensatz | 802004229 | ||||||||||||
Datenherkunft | ortsnamen.ch vereint Ortsnamen, Siedlungsnamen und Flurnamen von verschiedenen Schweizer Ortsnamenprojekten und weiteren relevanten Quellen in einer zentralen Datenbank, verknüpft diese Daten und bereitet sie für die Online-Publikation auf (Details).
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