Name | Kallern [1][2][3] | ||||||||||||
Mundart | Chalere [2] | ||||||||||||
Phonetik |
χá᪷l̄ərə [2]
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Sprachatlas der deutschen Schweiz
Fremdbezeichnung:
χ̄á᪷ɫɫərə, χá᪷ɫɫərə
(Boswil)
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Fragebogenmaterial Georg Wenker Challere ( Faksimile | Gewährsperson ) Lehrer Walter Arnold; nach Angaben der Schüler |
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Ortstyp | Gemeinde [4] | ||||||||||||
Bezirk | Muri [4] | ||||||||||||
Kanton | Aargau [4] | ||||||||||||
Deutung | Die Gemeindenamen des Kantons Aargau Alemannischer sekundärer Siedlungsname zum Appellativ ahd. calc(a)tura swf. (frühes Lehnwort aus lat. calcatura, -ae f. 'das Traubentreten' zum Verb calcare 'mit Füssen treten, stampfen', uvas [...] (weiterlesen)Alemannischer sekundärer Siedlungsname zum Appellativ ahd. calc(a)tura swf. (frühes Lehnwort aus lat. calcatura, -ae f. 'das Traubentreten' zum Verb calcare 'mit Füssen treten, stampfen', uvas calcare 'keltern'), mhd. kaltūr, kalter stswf., schwäb. Kelter, Kalter, Pl. -en 1, nhd. Kelter 'Weinpresse', einem Fachwort des Weinbaus (bis übers Mittelalter hinaus wurden die Trauben mit den Füssen zerstampft), das vorwiegend mitteldt. ist und im Süden durch «Trotte» oder «Weinpresse» ersetzt wurde.2 Das Mittellateinische kennt sowohl das Verb calcare als auch noch den Begriff calcator (als nomen agentis) 'Kelterer'.3GF (im Dat. PI. Loc.) ahd. *(ze) calc(a)turōn, bzw. (mit durchgeführter Lautverschiebung von roman. -k-, -c-, lat. -c- zu -ch-, was auf Übernahme vor der hochdeutschen Lautverschiebung hinweist) *(ze) chalch(a)turōn 'bei den Weinpressen', mhd. *Chalchteren, bzw. (mit k-Schreibung für anlautendes ch-4) *Kalchteren, bzw. (mit Schwund des dentalen Verschlusslautes im Rahmen einer Konsonantenerleichterung) Kalcherren, bzw. (mit synkopiertem -e- in der Flexionsendung) Kalchern, bzw. (mit Metathese) Kalchren, bzw. (mit später Assimilation von -lch- > -ll-) Kalleren, Kallern. (weniger anzeigen) [2] | ||||||||||||
Lexikon der schweizerischen Gemeindenamen Bisherige Deutungen: Zehnder (1991: 222s) deutet den Namen Kallern als sekundären alemannische Siedlungsnamen zum althochdeutschen Gattungswort calc(a)tura, einem frühen Lehnwort aus lateinisch calcatura «das Traubentreten» (> mittelhochdeutschBisherige Deutungen: Zehnder (1991: 222s) deutet den Namen Kallern als sekundären alemannische Siedlungsnamen zum althochdeutschen Gattungswort calc(a)tura, einem frühen Lehnwort aus lateinisch calcatura «das Traubentreten» (> mittelhochdeutsch kaltūr, kalter > schwäbisch Kelter, Kalter «Weinpresse»). Als althochdeutsche Grundform schlägt er *(ze) calc(a)turōn «bei den Weinpressen» vor. Es sei denkbar, dass der Weinbau einst in dieser Gegend eine Rolle gespielt habe; das Kloster Muri habe Weinberge bei Lunkhofen und Bremgarten besessen. Wahrscheinlich habe in Kallern einmal eine Trotte mit einigen Nebengebäuden gestanden. Zehnder erkennt indessen, dass die Verwendung von calc(a)tura > kaltūr ungewöhnlich ist, da im süddeutschen Gebiet die Weinpressen und deren Gebäude Torkel und Trotte heissen. Eine Identifizierung von Kallern mit dem häufigen schweizerdeutschen Flurnamen Chalcheren, der auf Kalkgewinnung oder eine Kalkbrennerei hinweist (cf. Id. III, 229), wird von Zehnder abgelehnt, da die geologischen Verhältnisse in Kallern dazu nicht geeignet seien. Besprechung: Zehnders Erklärung ist kaum nachvollziehbar. Kallern liegt am Westhang des Bünztals und ist – im Gegensatz zu Lunkhofen und Bremgarten – für Weinbau denkbar ungeeignet. Wie Zehnder selbst feststellt, ist calc(a)tura in unserem Gebiet als Gattungswort nicht heimisch; zudem entwickelt sich althochdeutsch calc(a)tura zu mittelhochdeutsch kaltūr, kalter, und nicht zu den tatsächlich belegten Formen Kalcherren, Kalchren. Deutungsvorschlag: Der Flurname Chalcheren (< althochdeutsch kalk «Kalk», mit dem Kollektivsuffix -arra, schweizerdeutsch -ere(n), aus lateinisch-ārĭa) ist in der Deutschschweiz bestens belegt. Er bezieht sich meist auf die Bodenbeschaffenheit, schlechten Boden, auf Gruben, wo Kalk gewonnen wurde, teilweise vielleicht auch auf die Düngungsweise (BENB II, 397). Aufgrund der historischen Belege ist an der Herleitung des Namens Kallern von diesem Worttypus kaum zu zweifeln. ks (weniger anzeigen) [3] | |||||||||||||
Quellen
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Die Gemeindenamen des Kantons Aargau
1300: Kalcherron (P.M. Kiem, Gesch M-G S. 143 (Quelle: 1. Ausg. Habsb Urb v. Pfeiffer))
1303-1308 Var Ed: Kalthennen (Habsb Urb QSG 14 S. 141)
[...] (weiterlesen)
1300: Kalcherron (P.M. Kiem, Gesch M-G S. 143 (Quelle: 1. Ausg. Habsb Urb v. Pfeiffer))
1303-1308 Var Ed: Kalthennen (Habsb Urb QSG 14 S. 141)
1303-1308: ze Bessembuͥrron und ze Kaltherren (Habsb Urb QSG 14 S. 141)
1491: Kalchern (P.M. Kiem, Gesch M-G S. 235)
1641-1642: ab den guͤteren zuͦ Kalchren im Boßwyler ampt (RQ AG II 8 S. 487)
(weniger anzeigen) [2]
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Lexikon der schweizerischen Gemeindenamen
1303-08: ze Kaltherren1 (QSG XIV, 141)
1641-42: den guͤteren zuͦ Kalchren (AGRQ II/8, 487)
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Kommentar | Die Gemeindenamen des Kantons Aargau Die Gemeinde Kallern besitzt keinen eigentlichen Dorfkern. Als politische Einheit besteht sie aus den Weilern Kallern, Bugler, Hinterbüel, Unter-, Hinter- und Oberniesenberg sowie aus den Höfen [...] (weiterlesen)Die Gemeinde Kallern besitzt keinen eigentlichen Dorfkern. Als politische Einheit besteht sie aus den Weilern Kallern, Bugler, Hinterbüel, Unter-, Hinter- und Oberniesenberg sowie aus den Höfen Unter- und Oberholl, Husmatten und Bad. Als Streusiedlung liegt sie am Ostabhang des Lindenbergs, so dass es denkbar ist, dass der Weinbau einst in dieser Gegend eine Rolle spielte. Das Kloster Muri etwa besass schon früh Weinberge bei Lunkhofen und Bremgarten, wo denn auch Flurnamen wie Rebberg und Trotte auf einen intensiven Rebbau hinweisen. Auch der Weilercharakter dieser Häusergruppe, die später dann der politischen Gemeinde den Namen gab, macht es wahrscheinlich, dass an dieser Stelle einmal eine Trotte mit einigen Nebengebäuden gestanden haben mag. Sofern meine Deutung, die auf leider relativ wenigen und ziemlich jungen Namenbelegen fussen muss, zutrifft, wirkt dennoch befremdlich, dass in unserem ON ein Appellativ steckt, das eigentlich ins nördliche Weinland gehört. Im deutschen Süden heissen die Weinpressen und deren Gebäude Torkel und Trotte.Ich stelle hier die Namenformen in unserem Belegteil den Belegformen für das Appellativ und einer Auswahl von Namenbeispielen im Schwäbischen Wörterbuch gegenüber: Kalcherron Kalter (a. 1321) Kaltherren Kälterre; Kälterren (Gen.); Kälterrun, Kälterre(n) (Dat.) (a. 1349) Kalchern Kelteran, Kälteren, Kälteren (a. 1379) Kalchren ob der obern Kaltern (a. 1420) Kallern Kelterenäcker, Keltersberg, Kelterle, Kelterschen, Kalterle Der Vergleich zeigt, dass unsere aargauischen Namenbelege im Inlaut mehrheitlich noch -ch- (verschobenes -c- des lat. Appellativs) zeigen. In den schwäbischen Appellativbelegen fehlt es durchwegs. Weiter zeigen die schwäbischen ON und FlN durchwegs die Lautgruppe -lt-, weil sich beim Lautbestand der schwäbischen Appellativformen (ohne inlautendes -ch-) eine Erleichterung von Dreikonsonanz nicht einstellen konnte. Ich gehe also davon aus, dass in unserem Fall das lat. Appellativ calcatura speziell früh, d. h. vor der hochdeutschen Lautverschiebung, in die alemannische Sprache übernommen wurde. Denn jüngere romanische Lehnwörter haben für roman. -c-, -k-, lat. -c- die Gutturale -k-, -g(g)- ausgebildet.5 Zufälligerweise bin ich noch auf einen Beleg für den ON der Ortschaft Kaltern im Tirol gestossen. In Unkenntnis weiterer Namenformen und Deutungen vermute ich, dass er auf dasselbe Lehnappellativ nach einem allerdings zeitlich später anzusetzenden Entlehnungsprozess (man vgl. die schwäbischen Formen) zurückgeht: 1363 Heinrich von Rotemburg, genant von Kaltarn, hofmayster ze Tyrol RQ AG I 5 (Zofingen) S. 65 Auch die frühe Präsenz der Römer in dieser Gegend des Kantons Aargau spricht dafür, dass in unserem ON tatsächlich ein früh aus dem Lateinischen entlehntes Appellativ ahd. *chalch(a)tura vorliegen kann. In der Umgebung von Kallern sind römische Wohn- und Ökonomiegebäude etwa für Boswil und Sarmenstorf bezeugt.6 Nur etwa dreizehn Kilometer südöstlich begegnet zwischen Auw und Sins zweimal der Flurname Chalchtaren, den wir jedoch nicht mit unserem ON Kallern zusammenbringen dürfen. Ältere Belege sind mir bis jetzt nicht bekannt, aber die Vermutung liegt nahe, dass diese Namen zum schwzdt. Etymon Darren /Da̅rren 7 f. 'Vorrichtung (Hürde, Gitter, Blech, in der älteren Sprache wohl auch ein entsprechendes Gebäude) zum Dörren von Obst, Getreide, Hanf, Flachs und dergleichen (an der Sonne, am Feuer, im Ofen)' (< ahd. darra, mhd. darre) gehören. Eine Chalchtare (mit in der älteren Sprache und in der Mda. überwiegender t-Schreibung und mit Schreibung von einfachem -r-8) bezeichnete einen Kalkofen oder eine Kalkbrennerei.9 Zur Belegform Kaltherren merken die Herausgeber des Habsburger Urbar s an: «doch wohl für Kalcherren»10. Sollte wirklich eine Verschreibung vorliegen, so doch eher für Kalchter(r)en. Ich meine aber, dass die Form Kaltherren recht gut ins Namenbild passt, da sie immerhin ebenfalls einen deutlichen Reflex der fürs Mittelhochdeutsche postulierten -cht-Form (*Kalchteren) zeigt. Der Namenbeleg a. 1300 Kalcherron gibt dann das -ch-, die meiner Meinung nach nicht verschriebene Namenform Kaltherren das -t- wieder. An einen ON im Zusammenhang mit Kalkgewinnung (schwzdt. Chalcher 'Kalkbrenner' - FlN, ON Chalcheren11) darf in unserem Fall (ON Kallern) nicht gedacht werden, da die geologischen Verhältnisse dafür nicht geeignet sind. Das Gemeindewappen zeigt zwei weisse Schlüssel. Der Schlüssel ist das Symbol der Keller, die zu den Bürgergeschlechtern der Gemeinde Kallern zählen. (weniger anzeigen) [2] | ||||||||||||
Lexikon der schweizerischen Gemeindenamen 1 Die Form ist wohl als Kalcherren zu lesen; in zahlreichen Handschriften sind -c- und -t- kaum zu unterscheiden. Zehnder (1991: 223) schlägt hingegen wider alle paläographischen [...] (weiterlesen)1 Die Form ist wohl als Kalcherren zu lesen; in zahlreichen Handschriften sind -c- und -t- kaum zu unterscheiden. Zehnder (1991: 223) schlägt hingegen wider alle paläographischen Prinzipien vor, die Form als Verschreibung für Kalchter(r)en zu interpretieren. Die von Zehnder (1991: 221) erwähnten Formen 1300 Kalcherron und 1491 Kalchern sind indirekte Zitate aus der notorisch unzuverlässigen ersten Ausgabe des Habsburger Urbars von Pfeiffer (1850). Sie finden sich nicht in der Neuausgabe des Urbars (QSG XIV/XV) und beziehen sich kaum auf Kallern AG. (weniger anzeigen) [3] | |||||||||||||
Höchster Punkt | 676 m. ü. M. [1] | ||||||||||||
Tiefster Punkt | 444 m. ü. M. [1] | ||||||||||||
Fläche | 2.684 km² [1] | ||||||||||||
Datensatz | 802004233 | ||||||||||||
Datenherkunft | ortsnamen.ch vereint Ortsnamen, Siedlungsnamen und Flurnamen von verschiedenen Schweizer Ortsnamenprojekten und weiteren relevanten Quellen in einer zentralen Datenbank, verknüpft diese Daten und bereitet sie für die Online-Publikation auf (Details).
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